Kulturwochenende mit Fossilien und einem Schimmer Hoffnung aus Chesham

Anke Perrin, Wilford Augustus, Partnerschaftsvereinsvorsitzender Norbert Schneider und Ehefrau Ditta im Gespräch (von links) – im Hintergrund Yves Atkinson (Foto: Arnold)

„The English are back in Europe.“ Politisch verstanden wissen will Wilford Augustus diese Aussage zwar nicht. Doch der erst kürzlich gewählte Bürgermeister der englischen Partnerstadt Chesham machte bei seinem ersten Besuch in Friedrichsdorf unmissverständlich klar, wo seine Präferenzen liegen. Während des traditionellen Kulturwochenendes – mit Besuch am Fossilienfundort Grube Messel, Barockkonzert, Golfturnier und Führung durch die Frankfurter Paulskirche – kamen insgesamt an die 30 Besucher aus der französischen Partnerkommune Houilles und Chesham in die Hugenottenstadt (siehe dazu auch die Seite “ Berichte aus der Tagespresse“).

Ort des ersten gemeinsamen Treffens aller Gäste war am Freitag die Alte Kelterei in Obererlenbach. Das französisch-deutsche Golfturnier in Bad Homburg war zu diesem Zeitpunkt bereits gespielt und auch die zuletzt angereisten jugendlichen Musikerinnen aus Houilles freuten sich auf das hessisch angehauchte Abendessen mit Handkäs, Mett und Tafelspitz in Rettichsauce.

Augustus war nicht nur wegen seiner optimistischen Haltung zur Partnerschaft ein gefragter Smalltalker während des Abends. Seiner Meinung nach sollte Partnerschaft alle Aspekte des Lebens umfassen: Sport, Kultur, Wirtschaft, Vereine und einiges mehr. „Leute aller Couleur finden sich über die Städtepartnerschaft“, sagte er. Zwar wird schon binnen Jahresfrist sein Nachfolger als Cheshamer Bürgermeister die Amtskette tragen, doch bis dahin „haben Sie meine ganze Unterstützung“, betonte der 48-Jährige. Das Thema Brexit benötige zwar „eine sanfte Hand“, denn Brüssel und England, das sei eine andere Sache. In Sachen Freundschaften zwischen Städten und Menschen jedoch „liebe er das Konzept, Leute zusammenzubringen“.

Ein gutes Zusammenspiel bewiesen die Sängern und Musiker aus Houilles und Friedrichsdorf: Beim Konzert „Barock in Europa“ erhielten die Flötistinnen Axelle, Berthille, Gabrielle und Maeline viel Applaus für ihre Interpretationen aus dieser Epoche französischer Musik und ihre Begleitung des Chors „Gaudeamus“ unter Leitung von Renata Grunwald. „Diese Jugendlichen sind die Zukunft der Partnerschaft“, lobte Alexandra Carlier-Cadiou vom Houiller Comité du Jumelage.

„Wir waren zwar ganz schön müde, als wir wieder nach Hause kamen“, berichteten später Charlotte Gineste-Moreau, Direktorin des Houiller Konservatoriums für Musik und Tanz, sowie Lehrer Nicolas Mandel, die die Musikerinnen begleitet hatten. Aber es sei eine wirklich angenehme Müdigkeit gewesen, fügte sie ihren per E-Mail ausgesprochenen „Mille Mercis“ (Tausend Dank, Anm. d. Red.) hinzu.

Während des kurzen Wegs vom Barockkonzert in der Hugenottenkirche – gemeinsam organisiert von der Musikschule und dem Städtepartnerschaftsverein – zum Empfang im Rathaus hallte die abendliche Hugenottenstraße wider von angeregten Plaudereien. Dabei erfuhr auch Bürgermeister Lars Keitel, welch ein Entertainer an seinem britischen Amtskollegen verloren gegangen ist. Augustus übte mit viel Elan und unter dem Schmunzeln der Gastgeber erste deutsche und auch französische Sätze.

Die Aussprache des Städtenamens Houilles geriet dabei zur Herausforderung: Das Ergebnis ähnelte am ehesten einem „Uijeh“ anstelle des etwas in die Länge gezogenen und nasalierten „Uih“. Doch damit findet sich Augustus in guter Gesellschaft: Auch manche Friedrichsdorfer machten aus dem „Houiller Platz“ zu Anfang gern einmal den „Heuller“ Platz.

Nach der Führung um die Frankfurter Paulskirche: Gruppenfoto vor dem Denkmal der deutschen Revolution (Foto: Arnold)

Im Sitzungssaal sorgte die beschwingte Atmosphäre während des Übersetzens der Grußworte in die jeweils beiden anderen Sprachen für Heiterkeit: Anja Canenbley, im Verein verantwortlich für die Verbindungen zu Chesham, übersetzte im Eifer des Gefechts die englischen Worte – anstatt in Deutsch wiederum in die englische Sprache.

Der kleine Faux-pas indes wurde mit der gleichen Begeisterung aufgenommen, wie der Ausflug zur Grube Messel an darauffolgenden Tag. Nach dem anderthalbstündigen Diskurs über Urpferdchen, Vulkanausbrüche und die Entstehung von Ölschiefer geriet das Picknick auf dem Parkplatz des Besucherzentrums zu einem kulinarischen Feuerwerk mit Wein, Bouletten und einem bunten Allerlei aus Salaten und Brezeln.

  • Von längst ausgestorbenen Fischen, Urpferdchen und einem 300 Meter tiefen See erzählte Christine Hogefeld (links) in der Grube Messel (Foto: Arnold)

Im kommenden Jahr richtet der Städtepartnerschaftsverein Friedrichsdorf zunächst wieder das Pfingsttreffen der Partnerstädte vom 17. bis 20. Mai 2024 aus. Nach aktuellem Stand steht dann unter anderem ein Tagesausflug in Koblenz auf dem Programm. Wir werden an dieser Stelle informieren, sobald weitere Details vorliegen.

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