Einmal 50 und einmal 25 Jahre, Premiere für zwei Bürgermeister, eine Bootspartie und Feuerwerk: Das waren die Höhepunkte des Pfingsttreffens der Partnerstädte im französischen Houilles. „So viele Sprachen heute hier“, staunte der Houiller Bürgermeister Julien Chambon (40), der seit dem 1. Juli 2020 Rathauschef ist – und damit nur ein Jahr länger im Amt als sein Pendant Lars Keitel (53) aus Friedrichsdorf. Beide trafen sich beim Empfang im historischen Victor-Schoelcher-Saal des Houiller Rathauses zum ersten Mal.
Denn mit dabei waren nicht nur 20 Friedrichsdorfer, sondern auch Delegationen aus der Gemeinde Schoelcher von der Karibikinsel Martinique und aus dem englischen Chesham. Houilles verbinden inzwischen sowohl 50 Jahre Partnerschaft mit Friedrichsdorf sowie auch 25 mit Schoelcher. „Dass die Partnerschaft mit Friedrichsdorf so viele Jahre überdauert hat, das ist schon toll“, resümierte Chambon, wobei er zugab, das in französischsprachigen Kreisen als Zungenbrecher geltende „Friedrichsdorf“ wohl noch etwas üben zu müssen. Aber: „Dieses Engagement müssen wir weitertragen“, betonte er gemeinsam mit der Vorsitzenden des Houiller Partnerschaftsvereins Alexandra Carlier-Cadiou. „Die Grenzen sind offen, die Leute kennen sich, aber auch in heutiger Zeit ersetzt das Internet nicht den persönlichen Kontakt.“
Knapp zwei Stunden tauschten sich die beiden Bürgermeister zudem im kleinen Kreis aus. Über die Innenstadtverdichtung, die insbesondere auch in Houilles wegen der komfortablen Nähe zur Hauptstadt Paris seit ein paar Jahren unerwünschte Ausmaße annimmt. Ein wenig zur Verwaltung, denn auch in Houilles hat das Rathaus wegen des Platzmangels mehrere Außenstellen. Und etwas Geschichte, immerhin ist das Rathaus auf einem alten Steinbruch erbaut, in dem einst Steine für Pariser Häuser geschlagen wurden.
Weil der Houiller Rathauschef in seiner Freizeit gern Vögel beobachtet, dürfte er in den nächsten Tagen Post aus dem Friedrichsdorfer Rathaus erhalten: Keitel – der gemeinsam mit dem Stadtverordneten Yves Atkinson nach Houilles gekommen war – versprach ihm spontan einen Bildband mit in Deutschland heimischen Vögeln.
Indes: Das Pfingstwochenende bestand nicht nur aus der – wichtigen –Begegnung zweier Bürgermeister. Das „Comité du Jumelage“, wie der Partnerschaftsverein in Houilles heißt, stellte ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine. Es begann mit dem traditionellen Aperitif für alle Gäste und ihre Gastgeber im Rathaus. „Wir freuen uns wieder hier sein zu dürfen“, sagte ein überwältigter Norbert Schneider. Er hatte diesmal ein Geschenk im Gepäck, das den Vorstand des Friedrichsdorfer Städtepartnerschaftsvereins eine zeitlang beschäftigt hatte. Was nimmt man mit zum 50. Jubiläum einer Städtepartnerschaft? Einen Baum, von denen schon etliche im Parc Charles de Gaulle stehen? Eine Gedenktafel (auch davon haben sich in 50 Jahren ein paar angesammelt) oder doch lieber etwas für den täglichen Gebrauch? Die Wahl fiel auf einen Schachtisch für den Park – indes, pünktlich fertig war dieser nicht, weshalb sich Houilles bis zur Lieferung mit einem Gutschein begnügen muss. Im Gegenzug überreichte Bürgermeister Chambon ein Werk des bekannten Houiller Grafikers Pierre Massé.
Einmal in der Suite sitzen, von der aus der französische Präsident die Spiele der Fußball- oder Rugby-Nationalmannschaft verfolgt? Bitteschön, ein kurzer Ausflug ins nahe Paris macht’s möglich. Das Stade de France mit seinen 100.000 Plätzen von oben und unten zu betrachten, die Schritte zum roten Künstlerteppich lenken, über den nur Stunden zuvor Sängerin Beyoncé gegangen war, das beeindruckte französische wie deutsche Besucher. Allerdings: In Paris steht das Stadion eigentlich nicht, auch wenn der Unterschied marginal erscheint. Sondern im angrenzenden St. Denis, dem Ort, in dessen Kathedrale die französischen Könige ruhen. Soviel Genauigkeit muss sein, jedenfalls aus Sicht der Fußballfans des Hauptstadtclubs Paris St. Germain. Von ihrem längst zu kleinen Stadion wollen sie nicht lassen, die Antwort auf den angedachten Umzug ins Stade de France nach St. Denis lautet kurz und bündig „Jamais!“ (frz. für Niemals, Anm. d. Red.). Selbst wenn die Hauptstadt kaum einen Steinwurf entfernt liegt.
Tanz, gutes Essen, Gesangs- und Showeinlagen zeigten während der Gala „Gold und Silber“, wozu die vielseitigen Houiller Vereinsmitglieder fähig sind. Obwohl mancher heimlich auch zugab, dass ein solches Doppeljubiläum mit Feuerwerk auch in der aktiven Houiller Gesellschaft wohl nicht jedes Jahr gestemmt werden könnte. Maurice-Joseph Monrose, Stellvertreter des Bürgermeisters von Schoelcher, und Bürgermeister Lars Keitel hatten jedenfalls sichtlich Spaß an dem Abend, zumal Schoelcher-Stadtverordneter Jean-Philippe Jean-Bolo spontan eine Videoverbindung zum Karibik-Bürgermeister aus dem Hut zauberte, der mit großem Hallo begrüßt wurde.
Als tags darauf das Bateau mouche auf der Seine an der Baustelle von Notre Dame vorbeiglitt, die während des Brandes 2019 beschädigt worden war, wollten die deutschen Gäste nur ungern daran denken, dass am nächsten Vormittag der Abschied und dann neun Stunden Busfahrt vor ihnen liegen würden. „Aber“, so tröstete sich Norbert Schneider, „wir sehen uns ja bald wieder.“ Denn fast wie im Fußball ist nach dem Spiel vor dem Spiel und die Organisation für das Kulturwochenende Ende September in Friedrichsdorf nahezu abgeschlossen.
Übrigens: Wer Platz und Interesse hat, einen Gast aus einer der Partnerstädte für das Wochenende 22.-24. September bei sich aufzunehmen, kann sich schon jetzt melden: Einfach eine E-Mail an vorsitz@staedtepartner-friedrichsdorf.de schicken oder das Kontaktformular auf dieser Website ausfüllen. Wir freuen uns.